Lernfähigkeit von Fischen und Anglern

In der letzten Ausgabe der „Bassmasters“ wurde die Lernfähigkeit von Fischen thematisiert. In einem Gewässer wurde eine Barschpopulation angesiedelt und beangelt. Die gefangenen Fische wurden markiert und anschließend zurück gesetzt.

Ergebnis war, dass 90 % der Barsche gefangen wurden! Innerhalb dieser Gruppe sind einige Tiere bis zu einem Duzend mal auf den Köder hereingefallen. Die Präsentation und der Köder an sich wurde wohl gleichbleibend eingesetzt.

Anschließend wurde das Gewässer abgefischt und die Stämme wurden nach Markierung getrennt. Die Unmarkierten kamen in ein eigenes Gewässer. Hiernach wurden die Fische wieder gezielt beangelt.

Die Erkenntnisse, die die Wissenschaftler hierbei machten, sind schon beeindruckend! Die fangbaren Barsche, ff. Dummies, blieben das auch weiterhin. Die Unfangbaren blieben diesem Aggregatzustand ebenfalls treu. Viel wichtiger aber ist, dass dies auch für deren Brut gilt. Offensichtlich haben diese Fische ein negatives Erlebnis gespeichert und konnten dieses sogar an ihre Brut weiter vererben. Ich nenne diese Gruppe ff. Smarties!

Das bedeutet aber auf unsere Gewässer bezogen, dass immer mehr Angler den 90%-igen Bestand der fangbaren Fische beangelt. Somit wird dieser durch eine steigende Anzahl von Anglern, durch Entnahmen und Hakmortalität immer weiter dezimiert. Die Fänge gehen deutlich zurück. Parallel entwickelt sich der Bestand der Smarties gut.

Ich beziehe den Zander als barschartigen in die vorgenannten Erkenntnisse der Wissenschaft mit ein. Bezogen auf eigene Erlebnisse konnte ich feststellen, das Vertikalköder nach einer gewissen Einsatzzeit verbraucht sind. Offensichtlich assoziieren die Fische mit dem Köder Gefahr. Wenn man den Köder dann zwei Jahre nicht einsetzt, ist er anschließend wieder voll aufgeladen/fängig.

Daher frage ich mich, ob der Dummie im Verhältnis zum Smartie lediglich ein Kurzzeitgedächtnis hat? Eine andere Interpretation lässt die vorgenannte Tatsache eigentlich nicht zu.

Im aktuellen Raubfisch wird das Thema ebenfalls aufgegriffen. Hierbei wurden in einem Interview mit Herrn Dr. Brämick, Direktor im Institut für Binnenfischerei e. V., herausgearbeitet, das die Wissenschaftler in Versuchen mit anderen Raubfischen (Forellen, Hechten) ähnliche Erfahrungen gemacht haben. In einem unbeangelten Gewässer nahmen die Hechte Natur- und Kunstköder gleichmäßig an. Nach sehr kurzer Zeit schrumpften die Kunstköderfänge deutlich zusammen. Nur der Naturköder wurde weiterhin bedenkenlos von den Raubfischen angenommen.

Es ist ja auch auffällig, das zumeist die größeren Zanderexemplare auf Naturköder gefangen werden. Das ist wahrscheinlich ebenfalls Ausfluss von Erfahrungswerten der Fische.

Wie kann man dem als Angler begegnen? Durch Variation in Technik und Köder! Ich glaube, das ein gut ausgebildeter Angler mit einer breiten Auswahl an Techniken und Ködern in Zukunft weiterhin gut fängt. Dieser Anglertyp wird auch den schwer fangbaren Smartie in seinen Fangbüchern führen können. Mir ist aufgefallen, dass die Fische auf unbekannte Köder gut reagieren. Somit konnte ich an einem schwierigen Tag in einem überangelten Gewässer 40 Zanderkontakte auf eine pinke, japanische Aalimitation verzeichnen. Gregor, der mich vorher wegen dieser Köderwahl mitleidig belächelte, konnte parallel dazu auf seine konventionell geführten Köder kaum eine Reaktion registrieren.

Der Mensch ist prozyklisch veranlagt. Er ist ein Gewohnheitstier und der Angler kausal somit auch. Der Erkenntnis der Wissenschaft folgend, kann man wohl nur durch Flexibilität, antizyklischem Verhalten, Aufgeschlossenheit Neuem gegenüber und Fortbildungsbereitschaft den Fangerfolg potenzieren oder zumindest konsolidieren.

Conclusio: Der Fisch ist lernfähig, der Angler nur bedingt. Meine Reaktion ist, dass ich entweder so natürlich oder andersartig wie möglich anbiete. Auch die Haken sollten so unauffällig wie möglich sein. Lineare Geräuschszenarien (Rasseln) versuche ich zu vermeiden. Ich variere die Köder und dessen Präsentation laufend. Dieser Prozess ist fließend und sicherlich noch nicht abgeschlossen!

TL

René

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